Sonntag, 19. November 2017

Rezension - "Luna" von Ian McDonald

https://www.randomhouse.de/Paperback/Luna/Ian-McDonald/Heyne/e500876.rhdhttps://www.orionbooks.co.uk/books/detail.page?isbn=9781473202238

Luna
Luna – New Moon (engl.)
von
Ian McDonald

Reihe: Luna (Band 1)
Genre: Science-Fiction
Seitenzahl: 512
Erschienen: Dezember 2016 (engl. September 2015)
Verlag: Heyne
Preis: 14,99 € (Paperback); 11,99 € (E-Book)

Bände:
Wolfsmond (Band 2)
Moon Rising (Band 3; englisch, erscheint im Juli 2018)

The Fifth Dragon (Novelle; englisch)

Inhalt

Die Zukunft: Schon lange ist der Mond den Menschen zu einer zweiten Heimat geworden. Doch auf dem Erdtrabanten geschieht nichts, ohne dass die dort ansässigen, rivalisierenden Wirtschaftsgiganten – die sogenannten Fünf Drachen – davon erfahren. Einer davon ist die Corta Helio Corporation unter dem Vorsitz der Patriarchin Adriana Corta. Als junge Frau musste sich Adriana in der brutalen Mondgesellschaft nach oben kämpfen – und hat sich dabei eine Menge Feinde gemacht. Feinde, die Adriana und ihren Clan nun zu Fall bringen wollen …


Aufmachung
https://us.macmillan.com/books/9780765375520
Das Cover ist an diesem Buch das für mich wohl einzig Schöne. Es passt wunderbar zu dem Handlungsort der Geschichte und kann mich vollkommen in Verbindung mit seinem Titel überzeugen. Der kleine Untertitel im Englischen ist noch einmal ein kleines Extra. Ebenfalls gefällt mir die US-Version, die eine Skyline zeigt.

Eine Besonderheit gibt es bei der deutschen Edition, denn ist der Mond rau unterlegt, sodass die Täuschung von einer leicht unebenen Felsoberfläche entsteht. Des Weiteren ist die Aufmachung der Karte im Inneren der Lektüre schön anzusehen.

Meine Meinung

Wieder war es ein Buch, auf welches ich mich sehr freute, denn ist Science Fiction, die sich mit dem Leben der menschlichen Spezies auf anderen Planeten befasst, stets ein interessantes Thema. Was wird wohl in der Zukunft eintreten? Doch obwohl dieses Buch sehr gut klang und gepriesen wurde, konnte es mich nicht ansatzweise überzeugen.

Die Menschheit hat begonnen den Mond zu besiedeln. Dieser kleine Himmelskörper wird von den fünf großen Drachen beherrscht – sich rivalisierende Wirtschaftsgiganten. Einst waren es nur vier und der wird Corta-Clan stets eine Art Außenseiter bleiben. Adriana Corta gründete ihn vor vielen Jahren, doch machte sie sich Feinde, die den Untergang ihrer Familie bedeuten könnten.

Weder der Anfang, die Mitte, noch das Ende haben sich voneinander unterschieden, noch konnten sie mich fesseln. Dies hatte viele Gründe, die jedoch nicht die Grundidee des Buches betrafen, welche wieder eine Möglichkeit der Entwicklung der Menschheit bot. Es war interessant, wie sich die die Zukunft gestalten könnte, wie sich die Sprache und die Menschheit verändert, welche Innovationen es geben könnte und wo die Prioritäten des Lebens auf einem anderen Himmelskörper liegen. Doch leider scheiterte es an allem Anderen. 

Ein großes Problem war es, dass das Buch wie eines geschrieben war, das in der Gegenwart spielt und nicht zum Genre des Science-Fiction gehört. Das heißt, es gab zu wenige Informationen und Beschreibungen zur Veränderung der Welt. Da die Handlung wahrscheinlich zu Beginn des 22. Jahrhunderts stattfindet, muss sich sehr viel innerhalb der Gesellschaft, der Technik und allgemein dem alltäglichen Leben geändert haben, zumal der Mond der Handlungsort ist. Unter anderem diese Veränderungen, die Möglichkeiten, die es gibt, sind so faszinierend an diesem Genre. Man möchte eine neue Welt kennenlernen und die Faszination dieser spüren. Das war hier nur nicht der Fall. Es tauchten viele Fragen auf, die nie beantwortet worden sind. Stets wollte ich mehr wissen, mehr erfahren. Ich wollte die Neuheit der natürlichsten Dinge erfahren. Woher zum Beispiel die Lebensmittel oder ganz allgemeine Ressourcen stammen, wie sich das alltägliche Leben außerhalb der Erde verändert hat. Stattdessen bekam ich die Erzählung des Daseins auf dem Mond, das wie etwas Selbstverständliches angesehen wird, obwohl die Menschen ihn erst seit einem halben Jahrhundert bevölkert haben. Wo bleibt die Entwicklung? Wie ist das Leben dort möglich? Wie ist alles aufgebaut? Man bekommt kaum Erklärungen des Denkbarseins der Existenz auf einem lebensfeindlichen  Körper. Ich kann nach dem Lesen des Buches nicht sagen, wie die Städte aufgebaut sind, welche Architektur es gibt, woher Menschen ihren Sauerstoff zum Atmen bekommen, ob sie unter einer stabilen Kuppel leben, wie die Farben eines Sonnenaufgang ohne Atmosphäre auf dem Mond entstehen können, wie Regen möglich ist. All jene essentiellen Dinge blieben unbekannt, trotz dass sie derart wichtig sind. So auch die Vertrauten, eine künstliche Intelligenz, die jeder Mondbewohner besitzt. Man erhielt weder erläutert wie sie im groben funktionieren, wie private Kanäle aufgebaut sind, wenn jeder Mensch in der Umgebung eigentlich zuhören könnte, wo sich ein Mikrophon befindet oder ein Chip, ob es eine Modifikation im Gehirn des Nutzers befindet, wie der Skinwechsel vonstattengeht. Es ist als würden wir alles schon kennen, der Grund, weshalb es mir wie ein Buch in heutiger Zeit spielend erschien. Ein Handy müsste nicht erklärt werden, ebenso wenig ein Auto, aber bei der Beschreibung einer zukünftigen Welt ist genau dies nötig. Oder nicht? Sollte sich der Leser fremd fühlen, so bleibt er es tatsächlich über das ganze Buch hinweg. Wenn er schließlich eine Erklärung bekommt, so viel zu spät.

Ein weiterer Aspekt waren die Charaktere. Kurz gesagt, waren sie mehr eine Füllung der Seite ohne große Bedeutung. Kleine Teile des Lebens der Charaktere bildeten die langen Kapitel. Jedoch waren sie weder interessant noch mit vielen Informationen gestaltet, sondern bestanden aus einzelnen Fetzen, die nicht ein komplexes und großes Ganzes formten, vielmehr auf einer Linie ohne Ausschläge blieben und dem gleichen Faden folgten. Dadurch wurde die Welt nicht erweitert. Anstelle dessen las man Seiten über Seiten Irrelevantes, Brocken aus dem Leben der handelnden Personen, die sich nicht miteinander verbanden. 

Ganz am Anfang schienen die Charaktere vollkommen divers zu sein, da sie aus anderen Schichten kamen und sich voneinander unterscheidende Sichtweisen hatten, doch im Endeffekt waren sie alle gleich. Armut existierte nicht mehr, mit der Folge, dass die anfangs angesprochenen Probleme der Gesellschaft, zeitig vollkommen außer Acht gelassen und nicht mehr weiter behandelt wurden. Man erlebte jene Menschen, die ohne vergleichsweise große Sorge und Existenzprobleme bezüglich der vier Grundstoffe – Luft, Wasser, Kohlenstoff und Daten – leben können. Es fehlte schlichtweg die Diversität zwischen den Personen, wodurch es wenig spannend war. Hinzu kam, dass Sex das große Thema des Buches war. Nur weil es ein Buch für Erwachsene ist, heißt es nicht, dass jeder in irgendeiner Art sehr den fleischlichen Gelüsten zugetan ist und man konsequent nach wenigen Seiten eine sexuelle Handlung oder Anspielung las. Beispielsweise der siebzehnjährige Lucaniho, der mit jedem ins Bett steigt und ständig auf Partys zugange ist, dann im Widerspruch stehend peinlich berührt fühlt, wenn es um die Sprache des Aktes an sich geht. Es wird genau beschrieben, wie sich eine Frau, die bei dem körperlichen Kontakt mit anderen Menschen nichts Sexuelles empfinden kann, selbstbefriedigt. Man bekommt mehr Beschreibungen sexueller Gelüste, testosterongelandener Luft als Science-Fiction. Es ist schön und gut, dass es verschiedene Sexualitäten gibt, doch gehen diese einfach unter. Wird ein Charakter äußerlich umschrieben, ist es oftmals nur einer, der von sich selbst überzeugt oder hübsch ist oder es sind die äußerlichen Reize, vor allem die der Frauen.  

Neben den Handlungsträgern und dem Setting, fehlt es der Handlung an Spannung und allgemein etwas Interessantem. Der Autor konnte mich als Leser nicht packen oder mir etwas mit diesem Buch geben, denn ist nichts passiert, bezogen auf das Geschehen an sich als auch philosophische Aspekte et cetera. Die Geschehnisse hatten überwiegend keine besondere Bedeutung, wie der Einstieg in die Geschichte mittels des Mondlaufes, dessen Sinn nie erläutert worden ist. Zusätzlich gab es mehrere unrealistische und fragwürdige Aussagen, wie die sehr knapp bemessene Zeit, in der das Leben auf dem Mond aufgebaut wurde. Bevor man an die Gründung einer Familie denkt, steht eigentlich die Ermöglichung von Leben im Vordergrund.  Mich sehr überraschend war die unglaubhafte Aussage, dass Gold auf dem Mond lediglich ein Schmuckstück sei. Durch seine Eigenschaften wird Gold in der Raumfahrt verwendet, ebenso in der Technik im Allgemeinen, die eine nicht unbedeutend große Rolle in der Zukunft spielen wird. Wenn es ein Element gibt, das Gold ersetzen könnte, eine billigere und effizientere Ergänzung, so wird dies nicht im Buch erwähnt. Außerdem ist die Aussage, dass ein BH nur wegen der Schwerkraft verwendet wird, dezent absurd. Im Alter spielt die Schwerkraft sicherlich eine große Rolle, doch warum sollten Frauen im jungen Alter dann einen BH tragen? Insbesondere, wenn geringere Schwerkraft normalerweise einen bestimmten Einfluss auf die Bewegung der Brüste hat. Es ist eine Aussage, die mich als Frau noch mehr von diesem Buch abgestoßen hat. 

Was jedoch nicht zu schlecht war, war einerseits die Gestaltung der Sprache und des Aussehens der Menschen, die sich über die Jahre durch Einflüsse aus verschiedensten Kulturen veränderten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Sprache sich in Zukunft weiterentwickelt und mehr vermischen wird. Doch leider war es verwirrend, oft Fremdwörter zu lesen, die nicht kurz umrissen wurden, man hingegen das Lesen unterbrechen musste, um sie im Glossar am Ende nachzulesen. Obschon sie die Sprache authentischer machten und die einzige Komplexität neben der Überhäufung zahlreicher Namen bildeten, ließ sich ihre Bedeutung nicht im Text erschließen oder konnte man sie sich auch nicht herleiten, wenn man diese Sprache nicht spricht. Noch nervenaufreibender wird es, wenn man ganz Sätze in Portugiesisch vorfindet, die nicht übersetzt werden. Mit ein bisschen Französischkenntnissen konnte man manchmal erahnen, von was die Rede ist. Hierbei war es auch nicht so, dass eine Übersetzung unlogisch gewesen wäre, denn konnte der Charakter sie sprechen und verstehen. Vielleicht waren die einzelnen Sätze nicht bedeutend, aber mich hätte es dennoch interessiert, ihre Übersetzung zu wissen.

Andererseits waren die Kleidung und der Druck dieser als auch anderer Dinge im Ansatz interessant, möglicherweise die Verbindung zu alten Modetrends aus dem 20. Jahrhundert. Ebenso war es die, wenngleich einfache Skizzierung der Veränderung der Erde. Dennoch war es nur ein winziger Teil der Erde, der dargestellt wurde, und auch nur recht grob und einseitig.

Schlussendlich kann man es als Buch beschreiben, das mich als Leser zu keinem Zeitpunkt richtig fesseln konnte mit seiner schwarz-weißen Welt, die nur eine Kontur blieb und sich nie zu einem 3-D-Bild entwickelte. Der Schluss reizte mich ebenfalls nicht, die Reihe fortzusetzen. Manchen gefällt dieses Buch, mit gab es jedoch nichts, da es nur Worte waren, die zusammenfassend nur unzureichend wenig erzählten. Es war ein Baum ohne Wurzeln zu einem Konstrukt allzu typischer Intrigenspiele mit wenig Besonderheiten und ohne Tiefgründigkeit.




Vielen Dank an den Heyne-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares.

Heyne

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