Montag, 5. Dezember 2016

Rezension - "The Bone Season - Die Träumerin" von Samantha Shannon


The Bone Season – Die Träumerin
The Bone Season (engl.)
von
Samantha Shannon

Reihe: The Bone Season
Seitenzahl: 608
Erschienen: November 2013
Verlag: Bloomsbury Berlin
Preis: 16,99€ (Hardcover); 9,99€ (Taschenbuch);
9,99€ (E-Book)

Bände:
The Bone Season – Die Denkerfürsten (Band 2; englisch, Erscheinungsdatum)
The Song Rising (Band 3; englisch, erscheint im März 2017)
The Pale Dreamer (Vorgeschichte)
On the Merits of Unnaturalness (Nebenroman aus der Sicht Jaxon Halls)

Vier weitere Bücher sind in Planung

Inhalt

Sie ist stark, sie ist schnell, und sie kann etwas, was sonst niemand kann: die Gedanken anderer auskundschaften. In einer Welt, in der Freiheit verachtet und Träume verboten sind, wächst die junge Paige zu einer Kämpferin heran. Doch dann wird sie erwischt und in eine geheime Stadt verschleppt, in der ein fremdes Volk herrscht, die Rephaim. Und wo sie Arcturus trifft, den jungen Rephait mit den goldenen Augen. Er ist das schönste und unheimlichste Wesen, das sie je gesehen hat. Seine Gedanken sind ihr ein Rätsel. Und ausgerechnet ihm soll Paige von nun an als Sklavin dienen…


Aufmachung

Wieder einmal gefällt mir die originale Ausgabe wesentlich mehr, obwohl für das deutsche Cover viel übernommen wurde. Nur leider passen die Vögel nicht so recht, nur wirkt es durch das Profil einer Landschaft mehr wie das Blau in einer Nacht und bekommt so mehr Tiefe. Der Titel ist hingegen bei beiden sehr gut gewählt, wenngleich der Untertitel nicht unbedingt notwendig gewesen ist.
Ich weiß jedoch nicht so recht, weshalb das Symbol von Scion (der Regierung) in die Darstellung einer Uhr übergeht. Soll es die für die Protagonistin begrenzte Zeit im Æther darstellen? Oder es steht für die Stunden in der Nacht.
Und dann gibt es noch das neue Cover, welches wunderschön ist, aber nicht unbedingt mehr des Inhaltes widerspiegelt. So wird die Kornblume aus Paiges Traumwelt aufgegriffen – wie auch auf dem anderen Cover -, aber so recht kann ich das blau splitternde Glas nicht deuten. Es ist ein Bild, welches für vieles stehen kann.
 
Meine Meinung

Bei diesem Buch habe ich sehr viel erwartet, zu viel und nun fühlt es sich fast falsch an, die empfundene Wertung zu geben.

The Bone Season scheint ein außergewöhnliches Buch zu sein, welches in einer Art Paralleluniversum handelt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts traten sogenannte "Seher" in die Welt und diese haben Fähigkeiten, die mit dem Æther - einem spirituellen Bereich, welcher anscheinend eine Zwischenwelt ist, in der sich Geister Verstorbener aufhalten - verbunden sind. Diese Seher werden von der Regierung Scion teils gejagt, sofern sie nicht dem Dienst bei der Nachtwache beitreten. Auch die Hauptperson ist einer dieser Widernatürlichen, doch ist sie im Syndikat, einem Untergrundnetzwerk aus Sehern, geschützt, bis sie eines Tages mit ihren mentalen Kräften tötet und an einen Ort gebracht wird, in welchem Seher von sogenannten Rephaim wie Sklaven behandelt werden.

Wie gesagt scheint es nur außergewöhnlich zu sein, denn ist die Geschichte bekannt. Ich fühlte mich sehr an ein Buch über Geister (ein Begriff, der in diesem Buch hingegen nie verwendet wird) erinnert, nur mit vielen Unterteilungen der einzelnen Seherkräfte, die anstatt Tiefe, Verwirrung schafften. Die Idee hat wirklich sehr viel Potential, doch ist sie noch mit vielen Lücken und Logikfehlern belastet und konnte sich zudem nicht richtig zusammenfassen. Sie erschien mir leider wie ein Tuch mit Dutzenden Löchern. Es fehlte einfach immer etwas. Moderichtungen werden zum Beispiel nur als anders, speziell oder außergewöhnlich beschrieben, aber nie erfährt man genaueres, um sich etwas explizit vorstellen zu können. Heftige Änderungen der Lebensumstände werden nicht weiter kommentiert, nimmt man nur einmal das plötzliche Leben bei Nacht ohne elektrischen Strom, wobei dieser Aspekt immer wieder in Vergessenheit geriet und bei mir die Handlungen ungünstiger Weise immer bei Tag stattfanden (da auf die Dunkelheit nicht sonderlich eingegangen wurde, auch wenn Paige nicht nur am Tag in ihrem alten Leben lebte). Doch was am meisten störte, waren das abrupte Auftauchen oder Verschwinden von Dingen oder Handlungen. Auf das mysteriöse Wesen von Anfang wird nie direkt wieder eingegangen. Haarfarben ändern sich, eingepflanzte Chips verschwinden als wären sie in Vergessenheit geraten, damit mehr Spannung aufkommt, zuvor nie Erwähntes, wird als selbstverständlich Vorhandenes gesehen. Das Buch fühlte sich wie ein einziger Lückentext an. Hilfreich war dabei nicht, dass sich vor allem der erste Teil wie ein Informationstext las. Man wurde mit einer geballten Ladung von übertriebenen Fremdwörtern (die nicht mit der an manchen Stellen plumpen Sprache harmonierten) und Informationen überhäuft, damit alles geklärt, ein richtiger Einstieg nicht nötig ist und man mit der Aktion beginnen kann. Zwar gibt es ein Glossar, aber steht dort erstens nicht alles, sondern eher Unwichtigeres, und zweitens ist es zu lang, nach dem Motto, so nichts umständlich erklären zu müssen. Neben dem Glossar gab es eine Einteilung der Seher, die nicht viel half oder aussagekräftig genug war, um die Tiefe verinnerlichen zu können, und eine eher überflüssige Karte (die nur zeigte, auf welch seltsamen Wegen sich die Hauptperson bewegt hat).

Da das Buch mit einer rasanten Handlung beginnt, ist es nicht möglich gewesen, sich ein richtiges Bild aus den Mitgliedern des Syndikats zu machen. Dies wurde versucht mit Flashbacks wieder auszugleichen, wobei es dennoch keine Gefühle brachte, sondern nur mit der Gegenwart verschmolz. Auch die anderen Charaktere prägten sich bei mir nicht gut ein oder konnte man eine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen, denn waren sie selbst wie Geister. Die Namen waren größtenteils nur verwirrend - Wortneuschöpfungen und sogar keinem Geschlecht genau zuzuordnen. Es wäre leichter gewesen, sie sich zu merken, wüsste man, wie die Personen dazu aussehen. Mit einer Größe kann man nicht sonderlich viel anfangen. Komplizierter wurde alles nur noch, als die Namen durch Zahlen ersetzt wurden. Dieser Aspekt machte nicht einmal Sinn. Die Seher in Sheol  I - in Oxford befindlich und die Stadt der Rephaim - werden mit Zahlen identifiziert. Die erste steht für die Knochenernte, welche aller zehn Jahre stattfindet, seit die geheimnisvollen Rephaim aufgetaucht sind, und Seher liefert, da sie deren Auren als Nahrung benötigen et cetera, und wird in römischen Zahlen geschrieben. Danach folgt eine Zahl, die sich mir nicht ganz erschlossen hat, und die letzte ist die Reihenfolge, nach welcher die Seher von ihren "Meistern" gewählt worden. Die Hauptperson Paige erhielt somit die Nummer XX-59-40, wird aber nur 40 genannt. Auch andere Personen aus verschiedenen Ernten (seltsamerweise kommen nur junge Menschen nach Sheol 1) werden mit der letzten Zahl angesprochen, sofern sie eine höhere Stellung erhalten haben (und sich dadurch die Farbe ihrer Kleidung ändert, je nachdem wie sie ihre Aufgaben erfüllt haben, nur erscheint mir dieser Prozess zu simpel und zu wenig erklärt). Aber halt stopp... es muss doch noch eine andere 40 geben oder 1 oder 13. Oder sind die zufälligerweise abwesend oder nicht mehr am Leben?

Nicht nur von vielen der dutzenden Nebencharaktere, zu denen zwanghaft versucht wird, eine Bindung aufzubauen, ergibt sich kein klares Bild, sondern ist dies auch bei der Paige der Fall, wenngleich das Buch aus ihrer Sicht erzählt wird, was ich als unangenehm empfand. Sie ist einer dieser typischen Mädchen, die nur rebellisch und respektlos sind. Sie vorurteilt sehr schnell und denkt das ganze Buch über nur in einer Richtung, bleibt auf einer Bahn mit gleichen Gefühlen. Vielleicht wäre ihre trotzige, arrogante und vorlaute Art nicht so schlimm, wenn durch sie nicht eine bestimmte Sicht auf die Geschichte erzwungen würde.

Was nicht fehlen darf, ist eine Liebesgeschichte, die einfach aufgelegt wurde, ohne richtige Entwicklung und schließlich zu spät mit Kälte. Ich möchte nicht zu viel dazu sagen, nur dass lediglich von wenigen Personen das Aussehen beschrieben und nur von Paige und dem anderen der "Liebe" (wobei diese zuerst braune und dann auf einmal hellbraune Haare hatte, zumindest wenn man nach einem Vergleich geht) dieses wiederholt wurde. Schon allein aus diesem Grund, konnte man sich ab dem ersten Moment denken, was passieren würde. Ab dem ersten Handeln zwischen ihnen. Und ich wünschte mir nur, bitte nicht. Meine Hoffnungen erfüllten sich nicht, sondern der Kitsch geschah wahrhaftig.

Für mich war es eine lückenhafte Welt aus einem folglich sehr instabilen Gerüst, fehlenden Übergangen und nicht vorstellbaren Charakteren. Mich hat es teils nur verwirrt, gelangweilt (aufgrund des Handlungsverlaufes) und das Buch wollte nicht enden. Viele Fragen des Warums bleiben weiterhin offen, doch sind sie mir schlichtweg egal. Ein Verzeichnis der Personen wäre durchaus schön gewesen.


Weshalb ich nun trotzdem noch 2,5 Federn gebe? Das Buch hatte an manchen Stellen etwas, das ich mochte und es könnte so viel mehr aus dieser Geschichte gemacht werden. Es gab Szenen mit Spannung, wenn sie nicht zwanghaft weitergeführt worden wären (ausgelöst durch in dieser Welt kaum zu Glaubendes), und manches war interessant. Zudem hatte der Schreibstil auch seine schönen und verzaubernden Seiten. Nur waren die guten zu wenig, sodass sie nicht Erinnerung bleiben.

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